Eine einwandfreie Blasenfunktion setzt eine adäquate Speicherung und eine effiziente Entleerung des Urins voraus. Damit diese Funktion gewährleistet werden kann ist ein komplexes Zusammenspiel von Nerven und Muskeln nötig sowie ein intakter Beckenboden. So können urologische Beschwerden wie übermässiger Harndrang, unwillkürlicher Urinverlust, schwacher Harnstrahl oder häufiges Wasser lösen während der Nacht unterschiedlichste Ursachen haben, die von unvorteilhaften Lebensgewohnheiten (Trinkverhalten, Getränkeauswahl) über eine Beckenbodenschwäche (nach Operationen/Geburten/Unfällen), einer gutartigen Prostatavergrösserung, eines Schadens des Nervensystems (Gehirn, Rückenmark, Nerven) bis zu einem Tumor (Blase, Prostata) reichen. Um Ihnen eine optimale und zielgerichtete Therapie anbieten zu können ist es wichtig, die exakte Ursache Ihrer Beschwerden festzustellen. Obschon durch das Arzt-Patientengespräch und die körperliche Untersuchung bereits viele Schlüsse gezogen werden können, sind wir in vielen Situationen auf eine zusätzliche apparative Diagnostik angewiesen. Dazu gehören sowohl Laboruntersuchungen, Bildgebung (Ultraschall, Computertomographie, MRI), Endoskopie (Harnröhren- und Blasenspiegelung) als auch Urin(druck)flussmessungen.
Das Ziel der Urindruckflussmessung/Urodynamik ist es, die Funktion Ihrer Blase zu charakterisieren um Hinweise bezüglich des zugrundeliegenden Problems Ihrer Beschwerden zu finden. Dabei wird sowohl die Blasenwahrnehmung, das Fassungsvermögen, die Fähigkeit der Entleerung als auch die Beckenbodenfunktion beurteilt. Im Rahmen dieser Untersuchung werden in einem ersten Schritt Messelektroden sowie ein feiner Blasenkatheter installiert. Anschliessend wird Ihre Harnblase langsam mit Wasser bis zum Harndrang gefüllt bevor sie diese entleeren. Während dem gesamten Füllungs- und Entleerungsprozess zeichnen die installierten Sensoren verschiedene Drücke und den Urinfluss auf. Meist werden mehrere Füllungs- und Entleerungsprozesse analysiert. Zudem wird Urindruckflussmessung häufig mit einer Durchleuchtung der Blase kombiniert um weitere Hinweise zu gewinnen.
Bulking Agents werden bei einer moderaten Harninkontinenz durch eine Schliessmuskelschwäche unter die Schleimhaut am Schliessmuskel eingespritzt. Dies sorgt für eine Verbesserung des Verschlusses an der Harnröhre und kann häufig die Kontinenz für eine gewisse Zeit verbessern. Für eine ausgeprägtere Belastungsinkontinenz sind die Verfahren der retrourethralen Schlinge sowie des künstlichen Schliessmuskels geeigneter.
Bitte Sprechen Sie uns im Rahmen der Sprechstunde an, um für Sie das optimale Behandlungsverfahren zu finden.
Eine retrourethrale Schlinge wird bei Männern eingesetzt, um Harninkontinenz zu behandeln, die durch eine geschädigte oder geschwächte Harnröhre verursacht wird, z.B. nach einer radikalen Prostataoperation. Insbesondere wenn nach ausgiebigen konservativen Massnahmen wie Beckenbodengymnastik eine leichte Restinkontinenz bestehen bleibt bietet das Verfahren eine zusätzliche Stabilität im Beckenboden, die häufig die Probleme des Wasserhaltens beseitigen kann. Für Patienten mit einer ausgeprägten Inkontinenz (>3-4 Vorlagen am Tag) ist das Verfahren weniger geeignet, hier kommt der künstliche Schliessmuskel zum Einsatz.
Die Schlinge besteht aus einem dünnen Band, das hinter die Harnröhre am Damm gelegt und von hier im Becken gespannt wird. Es sorgt für eine Stabilisierung des körpereigenen Schliessmuskels im Becken und verhindert somit bei einer Druckbelastung im Bauraum ein Aufpressen des Schliessmuskels. Dadurch wird der Harnröhrenverschluss verbessert und der unwillkürliche Harnverlust reduziert bzw. verhindert.
Die Wahl der geeigneten Behandlung hängt von der individuellen Situation des Patienten ab und sollte in Absprache mit einem Arzt erfolgen.
Bei der Frau gibt es ein analoges Verfahren hierzu. Dieser Eingriff wird jedoch durch die Kollegen der Frauenklinik durchgeführt, bitte sprechen Sie bei Bedarf die Kollegen hierzu an.
Ein artifizieller Schließmuskel (Sphinkter) wird für die Behandlung einer ausgeprägten Belastungsinkontinenz eingesetzt. Ursächlich hierfür sind meist Operationen oder Bestrahlungen im Bereich der Beckenbodenmuskulatur am natürlichen Schließmuskel. Wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgereizt sind sollten das Ausmass und die Ursache der Inkontinenz erneut abgeklärt werden. Dann kann gemeinsam mit dem Arzt die Indikation für den Eingriff gestellt werden.
Der artifizielle Sphinkter ist ein gut etabliertes Verfahren zur Wiederherstellung der Kontinenz. Er wurde bereits in den 1970er Jahren entwickelt und seit dem konstant optimiert. Er besteht aus einer Silikonmanschette, die um die Harnröhre am Damm implantiert wird, einer Pumpe, die in den Hodensack implantiert wird sowie ein mit Wasser gefülltes Reservoir, das im Bauchraum zum liegen kommt. Die Teile sind mit einer hydraulischen Leitung verbunden, so dass das Wasser aus dem Reservoir die Harnröhre mit der Manschette mit gleichbleibendem Druck verschliesst. Durch Drücken der Pumpe wird das Wasser aus der Manschette zurück ins Reservoir gepumpt, so dass sich die Harnröhre öffnet und der Patient wasserlösen und die Blase vollständig entleeren kann. Nach kurzer Zeit verschliesst sich die Harnröhre dann wieder von selbst. Die Kontinenz ist wieder gegeben.
Der artifizielle Schließmuskel kann die Kontinenz bei einem Grossteil der Patienten wiederherstellen und stellt somit den Goldstandard für eine ausgeprägte Belastungsinkontinenz dar. Als mechanisches Bauteil und Implantat ist er mit einem Risiko für Fehlfunktionen sowie Infektionen behaftet.